Arbeitgeber wollen Sozialstaat demolieren

Dient die Corona-Pandemie einigen Arbeitgebern als Alibi, um endlich durchzusetzen, was unter dem Stichwort „Rationalisierungsmaßnahmen“ schon lange in ihren Schubladen liegt. Ein „Positionspapier“ lässt Schlimmes erwarten.


Nicht nur in den Betrieben zeigen die Arbeitgeber Zähne. Auch auf der politischen Bühne wittern sie ihre Chance. Mit dem Totschlagargument „Coronakrise“ versuchen sie, den Sozialstaat zu schwächen und Arbeitnehmerrechte zu beschneiden.

Jüngstes Beispiel: Ein Positionspapier des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Der Inhalt liest sich aus Arbeitnehmersicht wie ein Katalog des Grauens: tägliche Höchstarbeitszeit streichen, Ruhezeiten abschaffen, mehr befristete Arbeitsverträge, Ausweitung von Leiharbeit und Werkverträgen.

Bei der Sozialpolitik geht es weiter: Die Rente ab 63 wollen die Metall-Arbeitgeber abschaffen, die Grundrente verhindern. Den Krankenkassenbeitrag wollen sie nicht mehr zur Hälfte zahlen – was sie nach jahrelanger sozialer Schieflage erst seit 2019 wieder müssen.

Gehör finden die Arbeitgeber beim Wirtschaftsflügel der Union, dem nicht einmal die Ärmsten des Arbeitsmarkts heilig sind. Die Wirtschaftspolitiker schlugen vor, den Mindestlohn von derzeit 9,35 Euro zu kürzen oder zumindest die anstehende Erhöhung auszusetzen. Dabei hatte Kanzlerin Merkel in ihrer Fernsehansprache ausdrücklich die Leistung von Niedriglohnbeschäftigten gelobt und ihnen gedankt: zum Beispiel den Kassiererinnen und Kassierern im Supermarkt.


Geschenk für Topverdiener

Weitaus großzügiger sind Unternehmer und CDU-Wirtschaftsflügel, wenn es um Spitzenverdiener geht: Parallel zum Sozialabbau fordern sie die Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für die obersten zehn Prozent. Das würde den Staat pro Jahr rund neun Milliarden Euro kosten und Menschen entlasten, die das Geld kaum ausgeben, sondern es in gut gefüllten Depots parken. Und die Multimilliarden an staatlicher Unterstützung für die Wirtschaft sind ohnehin kein Problem und werden gern genommen.

Fazit: Der Staat soll den Unternehmen und den Reichen geben, bei Normal- und Niedrigverdienern und Rentnern kürzen, und sich ansonsten aus allem heraushalten. So sieht die ideale Nach-Corona-Welt aus – wenn es nach den Spitzenvertretern der Arbeitgeber geht.

Zum Glück verhält sich ein Großteil der Arbeitgeber nicht so wie ihre Spitzenvertreter. Es gibt sogar Betriebe, die ihren Beschäftigten mehr zahlen. Bei den Alfelder Kunststoffwerken etwa gibt es jetzt vier Prozent mehr Geld, eine Einmalzahlung von 150 Euro – und eine betriebliche Corona-Prämie von 1500 Euro obendrauf. Das haben IG Metall und Betriebsrat ausgehandelt.

Klar: Die wirtschaftliche Situation ist eine andere. Die Alfelder Kunststoffwerke beliefern Lebensmittel- und Arzneihersteller. Das Geschäft läuft auf Hochtouren.

Klar ist aber auch: Von allein hätte die Geschäftsführung das alles nicht bezahlt. „Das war alles andere als ein Selbstläufer“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Kristian Langner. „Wir haben die Geschäftsführung überzeugt: Wir Beschäftigten arbeiten durch, auch samstags, und stehen zur Firma, trotz Corona. Dann muss dafür auch etwas von Euch kommen.“

Bei der Meyer Werft, bei Eberspächer, Borbet und Wirthwein sehen die Zahlen deutlich schlechter aus. Dennoch: Für Unternehmen in der Coronakrise gibt es Geld vom Staat. Dafür hat sich die IG Metall gemeinsam mit den Arbeitgebern in Berlin eingesetzt. Dafür erwarten die Beschäftigten nun auch, dass die Arbeitgeber in der Coronakrise zu ihnen stehen. Sie leisten gemeinsam mit der IG Metall Widerstand gegen den Kahlschlag.

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